Ich habe es so entworfen, dass es bald unbrauchbar sein wird

Wenn ein Toaster einen Monat nach Ablauf der Garantie kaputtgeht – könnte das ein speziell eingebauter Fehler sein? Verbraucherschützern liegt das Thema schon lange am Herzen, auch in Deutschland. Im Fachjargon wird es als „Obsoleszenz“ (von lat. obsolescere‚ sich abnutzen, alt werden, aus der Mode kommen, an Ansehen, an Wert verlieren) bezeichnet. Damit ist gemeint, dass in Produkten bewusst Bestandteile verarbeitet werden, die vorzeitig altern oder geringere Qualität haben. Das Gerät kann dann schneller nicht mehr genutzt und muss früher ersetzt werden.

„Geplante Obsoleszenz“ bezeichnet Strategien und Vorgehensweisen der Hersteller und des Handels, um durch Verkürzung der Nutzungszyklen den Neukauf von Produkten zu beschleunigen. Ein gutes Beispiel sind Tintenstrahl-Drucker: Die verwendeten Bauteile haben verschleißen unnötig schnell (minderwertiger Qualität, ungeeigneter Materialen, sehr kurze Halbwertzeit). Langlebigere Materialen kosten oftmals marginal mehr. Eine Reparatur lohnt sich nicht, da Ersatzteile zu horrenden Preisen verkauft werden. Zudem sind die Geräte so konzipiert, dass ein Laie sie nicht durchführen kann bzw. die Reparatur die Kosten einer Neuanschaffung des Gerätes übersteigen.

Diese intendiert eingebauten Fehler sollen den immer schnelleren Produktzyklen zugute kommen. Bereits 1928 schrieb eine Werbezeitschrift: “Ein Artikel, der sich nicht abnutzt, ist eine Tragödie fürs Geschäft”. Ein Produkt, das nicht kaputt geht, ist der Albtraum des Kapitalismus. Es beschert dem Handel schlechte Umsätze. Konsum jedoch ist der Motor unseres Wirtschaftssystems. In einigen Ländern ist geplante Obsoleszenz bereits strafbar.

Weitere Formen intendierter „Abnutzungen“

Neben der physischen Obsoleszenz deren Ursache bei den Herstellern zu finden ist, existiert eine gesellschaftlich weitaus vielschichtigere Form der Abnutzung von Gütern: die psychologische Obszoleszenz. Dies ist besonders im Bereich der Mode, Lifestyleprodukten oder sonstigen statusindikatorischen Gütern der Fall.
Die Bluse der letzten Saison, ein älteres iPhone-Modell oder der Tisch von Ikea: sie alle können psychologische Abnutzungserscheinungen just in dem Zeitpunkt auslösen, an dem ein neueres oder angesagteres Modell auf den Markt kommt und dieses Einzug in unsere sozialen Referenzgruppen hält.

Diese Form der Obszoleszenz wird durch den Kapitalismus und dessen Verlangen nach unstillbaren Konsum besonders begünstigt. Ein Erzeugnis, das qualitativ und in seiner Leistung noch gut ist, wird als überholt und verschlissen betrachtet, weil es aus Modegründen oder wegen anderer Veränderungen weniger begehrenswert erscheint. Es gibt im Kapitalismus keinen Grund eine robuste Maschine zu bauen, welches 20 Jahre lang ohne kostspielige Reparaturen in der Werkstatt auskommen können.

Was tun?

  • Respekt vor den Dingen. Nicht aus Materialismus oder einem Markenfetisch heraus, sondern aus Respekt an der darin enthaltenen Ressourcen wie Energie, Lebenszeit von Menschen, endlichen Rohstoffe und den daraus resultierenden (möglichen) sozial- und ökologisch pejorativen Konsequenzen. D.h. lieber hochwertige, langlebige Produkte kaufen.
  • Reparieren statt wegschmeißen. Erscheinen der damit verbundene Aufwand zu groß oder fehlt es schlicht an handwerklichen Fähigkeiten, findest Du auf der Seite „Verbund offener Werkstätten“ Adressen und Angebote von Werkstattprojekte in Deiner Nähe, die Dir aushelfen können.
  • Selbstreflexion: Was bietet mir diese Konsumgut eigentlich? Wozu brauche ich es? Was nehme ich dafür an Lebenszeit, Lebensqualität oder anderer Konsequenzen in Kauf?
  • Wiederverwenden statt wegschmeißen. die „gebrauchten“ Güter in die Konsumketten einbringen (Second-Hand-Shops, Tauschzirkel, Umsonstläden)
  • Kokonsum: Gemeinsam nutzen statt Besitzen und Horten. (frents.com) (dietauschboerse.de) (tauschticket.de)
  • Aufregen. Reden. Kommentieren oder Bloggen. Deine einzelne Meinung zu einem Produkt kann i.d.R.  keine Berge versetzen, jedoch Anstoß einer Lawine werden, wenn dies auf den passenden Kanälen geschicht.  (murks-nein-danke.de)

Kaufen für die Müllhalde

Ein Filmtipp: Die Dokumentation „Kaufen für die Müllhalde“ befasst sich mit geplanter Obsoleszenz, der vom Hersteller absichtlich eingeschränkten Lebensdauer von Produkten, die den Absatz von Ersatzprodukten erhöhen soll. Neben der Behandlung konkreter Beispiele geht es um die ökonomischen und ökologischen Folgen der Konsumgesellschaft. Zu Wort kommt unter anderem der französische Ökonom und Philosoph Serge Latouche als Vertreter des Konzepts der Wachstumsrücknahme.

Damian Paderta
Damian Paderta
Webgeograph & Digitalberater