Kraulschwimmen im Datenmeer

Zweifellos kann man behaupten dass noch nie in der Menschheitsgeschichte geschrieben und publiziert wurde wie in den letzten zwanzig Jahren. Was aber bedeutet dieser technischer und kulturelle Fortschritt für Gesellschaften? Klar scheint zunächst, dass ein quantitativ verändertes Angebot von Informationen ein neuen Umgang erfordert. Sowie die Alphabetisierung erlernt wird, um niedergeschriebene Sprache zu decodieren, so benötigt ein unüberschaubarer Informationspool, welcher nahezu überall erreichbar  ist und dessen Qualität beachtlich schwankt, neue Fertigkeiten in der Informationssuche und der Evaluation dieser braucht. Stichwort: Medienkompetenz bzw. – Informationskompetenz. Darunter versteht man die Erkennung von Informationsbedarf, die Lokalisierung von Informationen, die Organisation und Selektion von Informationen sowie die Gestaltung und Präsentation der verarbeitet Informationen. Akteure welche die diese Fertigkeiten besonders erfolgreich anwenden oder deren Dienste in Anspruch genommen werden, geraten in dieser neuen Form der Informationsvermittlung in Schlüsselpositionen und damit in eine Machtstellung.

Solche Akteure können Internetsuchmaschinen wie z.B. Google oder Yahoo sein. Nach dem Motto „was Google nicht zeigt existiert auch nicht“ wird die Rolle Googles als meist frequentierteste Suchmaschine ion Europa und den USA, stark kritisiert. Die geheimen Algorithmen von Googles Datenkanke sind längst zum Torwächter des Internets mutiert. De facto ist Google das Rückrat des Internet. Auch wenn es schwer vorzustellen ist: Google kann wie auch die anderen Internetriesen in 3 Jahren von der Bildfläche verschwinden.  Zumindest als Unternehmen. Auf welche Strukturen würde das Netz zurückgreifen um ein ähnlich effektiv Suchanfragen zu starten?

Sicher es gibt noch andere Suchmaschinen. Darüber hinaus ist Google weit aus mehr als eine Suchmaschine. Google besitzt die weltgrößte Datenbank. Ein Web und Meta-Web. Wie auch facebook, begünstigt Google die Konzentration der NutzerInnen und damit eine Zentralisierung des Webs. Die Stärke und wenn man so möchte, die Intelligenz des “Webs” besteht vornehmlich in seiner dezentralen Struktur. D.h. das Monopole wie Google, mögen sie auch noch so oft “don´t be evil”-skandieren, stellen eine Gefahr für das freien Web, so wie viele es sich vorstellen und wünschen, dar. Es stellt sich also die Frage, wer überhaupt in der Lage ist, zum Gegenspieler Googles und anderer Internetriesen zu werden. Weniger aus Gründen eines funktionierenden Marktes, als vielmehr durch die Einsicht dass wichtige Funktionen die im Web bereitgestellt werden und von denen viele Menschen abhängig sind, nicht allein den (kapitalistischen)  Wirtschaftsunternehmen überlassen werden können.

Eine staatliche Suchmaschine also? Eine Suchmaschine die im Auftrag eines deutsches Ministeriums entwickelt werden würde, wäre mit Sicherheit ein Flop. Vorstellbar dagegen ist aber, dass der Staat künftig auf freie Software und offene Standards setzt und staatliche finanzierte Forschung unter OpenAcces stellen. Es ist vielmehr Aufgabe, in Kooperation von Staat, Wissenschaft/Forschung und Zivilgesellschaft Alternativen zu entwickeln, um unabhängig vom Torwächter Google & Co die Informatioszugang zu gewährleisten.

Alternativen

Es gibt aber ernstzunehmende Alternativen zu den großen Suchmaschinen wie Bing, Yahho und Google: Die Suchmaschinen DuckDuckGo und ixquick bauen auf eine zentralen Infrastruktur. IxQucik ist ein Metasuchmaschine.  Interessanter ist der Ansatz von YaCy. Es gibt es keine zentrale Stelle, sondern ein Peer-to-Peer-Netzwerk, welches das Netz nach Ergebnissen durchsucht. YaCy ist eine freie Suchmaschinensoftware bei dem die Nutzer selbst zum Betreiber werden. DieYaCy läuft nicht auf einem Server sondern, verteilt auf mehreren Clients. Die Benutzer stellen ihre Rechenkapazität zur Verfügung. Somit ist es möglich, ein benutzerdefiniertes Suchportal einzurichten bei dem der Nutzer bestimmt, was auf den Suchindex landet. Die dezentrale Architektur und die Offenheit des Open Sourceprojektes macht eine Zensur nahezu unmöglich. Nachteil dieser verteilten Lösung ist die Abhängigkeit von der Anzahl der aktiven Nutzern. Ohne ausreichende Nutzerzahl leidet sowohl die Geschwindigkeit. als auch die Qualität der Suchergebnisse. Im Gegensatz zu Datenkrake Google werden keine Nutzerdaten gespeichert.

Aus ökologischen Gründen ist das Projekt ebenfalls sinnvoll, da keine stromfressende Serverfarmen gebraucht werden. YaCy ist ein Netzwerk für Endnutzer, aber auch für Seitenbetreiber. Als freie Software steht YaCy auch Seiteninhabern zur Anwendung auf eigene Inhalte zur Verfügung. Eine kostenlose Version der Suchmaschine kann auf eigene Inhalte angewendet werden und Wikis, Foren oder Webseiten werden damit vollautomatisch durchsucht. Unterstützt wird das Projekt vom gemeinnützigen Verein SuMa. In diesem Sinne: Die Informationsgesellschaft des 21.-ten Jahrhunderts basiert darauf, dass der Zugang zu allen öffentlichen Informationen frei ist. Das bedeutet: der Zugang sollte transparent, nachvollziehbar und für jeden auch individuell gangbar sein.

 

Damian Paderta
Damian Paderta
Webgeograph & Digitalberater