Neusprech und der Sex

Sexismus ist trotz jahrzehntelanger Diskussionen und Auklärung überall präsent. Ein guter Indikator für die innere Einstellung ist die Sprache. Viele Floskeln sind so stark mit der Alltagssprache verwebt, dass sie kaum noch auffallen. Diese Floskeln mögen nicht immer die eigene Überzeugung des Sprechers wiederspiegeln, aber so lange diese im Gebrauch sind, formen diese Aussprüche die eigenen Vorstellung von geschlechtspezifischen Zuschreibungen. Nun ist es einfach, hinter jeder Aussage scheinbaren Sexismus zu entlarven. Viel schwieriger wird es jedoch eine Sprache zu ändern. Damit meine ich weniger die Binnen-Schreibweise, sondern vielmehr Standardsätze, die jedem über die Lippen springen. Dabei ist Sexismus nicht auf die Männer beschränkt – es betrifft jeden. Eine gute Methode diskriminierenden Äußerungen zu entgegnen, ist es diese Standardsätze mit entlarvenden Sprüchen bloßzustellen. Den Inhalt – nicht denjenigen, der sie ausgeprochen hat. Einen gute Sammlung habe ich unter http://alltagsalternativen.jimdo.com gefunden, einer Webseite die Flyer und Poster-Vorlagen anbietet die solche Standardsätze kurz und knapp begegnet. Nun ist es in diesem Feld schwierig, sprachlich nicht zu verkrampfen. Schade auch, wenn Anti-Sexismus mit weniger Lustverzicht oder Entsexualisierung verbunden wird. Denn – mit puritanischen Denken oder Keuschheit hat Anti-Sexismus nichts zu tun. Selbst wenn man immer wieder die Erfahrung macht dass sich diejenigen die sich politisch gegen Sexismus engagieren, ein generelles Problem mit Männern haben. Wer DIE Männer sagt auch DIE Frauen. Der sicherlich falsche Weg Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen. Kontrasätzen haben weitaus größeres Potenzial sich als “Klinke-im-Kopf” zu festigen als verweiblichte Wortungeheuer oder unlesbare Binnen-Schreibweisen. Eine praktische Lösung wäre eine mensch-Schreibweise.

Wenn es sowas wie pink-washing gibt, dann betreiben dass alle Unternehmen die im Print oder Web sich politisch korrekt an die Binnen-Schreibweise halten, aber dennoch unterschiedliche Gehälter bei gleichen Stellen zahlen oder bestimmte Stellen Frauen vorbehalten. Den meisten Frauen, behaupte ich, ist es egal ob in Broschüren “-Innen” steht, aber nicht dass sie de facto aufgrund ihres Geschlechtes in die obersten Ebenen nicht eintreten können, weil dort ein patriarchisch denkende Herren das Sagen haben. Oder andersrum: Viele Frauen möchten auch keinen Job bekommen, weil sie als sexuell attraktives betrachtet werden, sondern weil sie  entsprechend qualifiziert für den Job sind. Das behaupte ich weniger meiner Rolle “als Mann”, sondern viel mehr als Mensch.

Unter den Gender-FAQ´s finden sich folgende Fragen die ich in bester Copy´n Paste-Manier eingefügt:

  • Warum müssen Neugeborene in Deutschland Namen bekommen, die eindeutig „männlich“ oder „weiblich“ zugeordnet werden können?
  • Warum gilt es als selbstverständlich, Geschichten zu erzählen, in denen die Geschlechtsidentität der Protagonist_innen vom Anfang bis zum Ende unverändert bleibt?
  • Warum werden fast alle Trailer zu Kinofilmen von Stimmen gesprochen, welche als „männlich“ wahrgenommen werden?
  • Und warum ist mir das noch nie aufgefallen?
  • Warum favorisieren Erbschafts-, Steuer-, und Asylrecht institutionalisierte Paarverhältnisse?
  • Warum haben in westlichen Gesellschaften Lesben und Schwule ein „Coming-Out“, während Heteros das nicht haben (müssen)?
  • Warum wird „Mädchen“ meist selbstverständlich suggeriert, sie würden später Ehefrauen und Mütter werden?
  • Warum können wir vergessen, wie eine Person heißt, wo sie aufgewachsen ist und wann sie Geburtstag hat, nicht aber, ob wir sie als „Mann“ oder „Frau“ wahrgenommen haben?
  • Warum scheint es so unvorstellbar, dass es keine soziale Einteilung von Menschen in „Frauen“ und „Männer“ gibt, dass Menschen „zwischen“ zwei Gendern liegen oder vom einen ins andere gewechselt haben?
Damian Paderta
Damian Paderta
Webgeograph & Digitalberater