Hackathons besser machen

Der Hackathon-Spirit ist in den aufkommenden Formen der Peer-Produktion und der DIY-Kultur als auch in den Makerspaces und der urbanen Landwirtschaft zu finden. Er steckt in den wachsenden Openness-Communities im Zusammenhang von offenen Daten, offener Hardware, offener Biotechnologie, 3D-Druckern, Open Source Software und vielen anderen. Überall dort, wo Wissen und Ressourcen als Gemeingüter hergestellt, wo Dinge transformiert und auch entgegen ihrer ursprünglichen Nutzungsweise verändert werden. Hackathons bieten Entwickler*innen eine einzigartige Gelegenheit, einander zu treffen und voneinander zu lernen. Der „Gefällt mir“-Button von Facebook, eine der gegenwärtig wichtigsten ikonischen Konzepte, wurde während eines Hackathons entwickelt. Das soll nicht heißen, dass er nicht ohnehin eines Tages entwickelt worden wäre, aber wenn es kluge, kreative Menschen gibt, die bereit sind, solche Dinge zu erfinden, dann geht es auch darum, dieses Momentum zu nutzen.

Hackathons können wertvolle Möglichkeiten sein, in denen fruchtbare Beziehungen und positive Veränderungen für die Gemeinschaften als auch Einzelpersonen entwickelt werden. Hackathons sind nichts Neues, sondern können auf eine lange Geschichte zurückschauen. Das Design heutiger Hackathons sollte aber infrage gestellt werden, wenn es nicht nur darum gehen soll, so schnell wie möglich Produkte für Unternehmen zu entwerfen. Fokussierte Hackathons können sehr wertvoll sein, wenn sie auf die wirklichen Bedürfnisse von Organisationen mit viel Fachwissen reagieren, anstatt sich auf Ideen zu konzentrieren, die allein von Entwickler*innen selbst stammen. Es gibt gute Hackathons, bei denen die Teilnehmer*innen nicht nur lernen zu programmieren, sondern vor allem miteinander zu interagieren. Nicht selten bilden sich auf Hackathons aber auch Teams, die sich in den Versuch stürzen, Dinge zu reparieren, ohne wirklich zu wissen, was eigentlich defekt ist.

Irgendwas mit Computern?

Ein Hackathon wird oft als eine Veranstaltung voll von Entwickler*innen betrachtet, die sich über ein paar Tage hinweg mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen versammelt haben und etwas mit Computern machen. Diese Art von Veranstaltungen, die erstmals Mitte der 2000er Jahre bei Privatunternehmen als Möglichkeit zur schnellen Entwicklung neuer Software und zur Entwicklung neuer Ideen immer beliebter wurden, sind inzwischen alltäglich geworden. So alltäglich, dass viele Veranstalter das Konzept ausbeuterisch, destruktiv oder ziellos verwendeten. In diesem Kontext wird die Hacker-Ethik ausgehöhlt und der Ideologie des Solutionism untergeordnet. Diese beschreibt eine Vision der Tech-Industrie von einer Welt als Aneinanderreihung von Problemen, die auf profitable technischen Lösungen wartet. Es geht mir hier nicht darum, den „echten oder ursprünglichen“ Geist des Hackathons zu definieren oder zu beschwören, sondern Veranstaltungsformate zu entwerfen, die produktiv UND fair sind UND allen Spaß machen.

Die Werkzeuge der Anderen

Wenn die „Werkzeuge des Meisters niemals dazu benutzt werden können, das Haus des Meisters abzubauen“ (master’s tools can never be used to dismantle the master’s house), wie die schwarze, lesbische feministische Schriftstellerin, Dichterin und Aktivistin Audre Lorde so eindringlich erklärte –  können dann Hackerspaces, Makerspaces, Fablabs und Hackathons Orte sein, an denen wir neue Arten von Werkzeugen entwickeln? Vielleicht, vielleicht auch nicht – aber so oder so werden neue Werkzeuge allein keine Rolle spielen, wenn wir sie nur dazu benutzen, um den Plänen des Meisters zu folgen. Ich kritisiere Hackathons unter anderem deshalb, weil sie als fortschrittlich angepriesen werden, aber grundsätzlich unfair und toxisch sein können. Folgen wir einigen Prinzipien von ethischem Design,  können dagegen Räume in gerechtere Umgebungen verwandelt werden, die nicht nur faktisch inklusiver sind als andere, sondern auch so organisiert sind, dass sie explizit unterdrückende Systeme herausfordern, statt sie stillschweigend zu reproduzieren.

An dieser Stelle haben Hackathons das Potenzial – zumindest kurzzeitig – neben technischen Artefakten auch soziale Zuschreibungen zu hacken. In einer Welt mit immer potenteren und nicht rechenschaftspflichtigen Unternehmen, braucht es praktische Formen des Widerstands gegen eine überkommene und ausschließlich wachstums- und profitorientierte Wirtschaftsweise. Hackathons können ein Lernformat für Viele sein, statt nur ein Instrument für den schnellen Profit für Wenige. Die Vorstellung von Hackathons als „schnelle Fließbänder einer Softwarefabrik“ mag eine naheliegende Metapher aus dem Industriezeitalter sein – aber deshalb ist sie weder richtig noch erstrebenswert.

Einfache Prinzipien des ethischen Designs

Wie kommen wir zu einem faireren oder ethischeren Design von Hackathons? Eine Hilfe könne die Prinzipien ethischen Designs darstellen. Sie sind schnell erklärt. Sie fußen zunächst auf den Menschenrechten (Human Rights). Dabei ist Technologie, die die Menschenrechte respektiert, in der Regel dezentral, Peer-to-Peer, Zero-Knowledge, Ende-zu-Ende-verschlüsselt, frei und offen, interoperabel, zugänglich und nachhaltig. Sie respektiert und schützt unsere bürgerlichen Freiheiten, reduziert Ungleichheit und fördert die Demokratie.

Die eingesetzte Technologie respektiert zudem zweitens, den menschlichen Einsatz (Human Effort), indem sie funktional, bequem und zuverlässig ist. Sie ist rücksichtsvoll und entgegenkommend, nicht arrogant oder fordernd. Sie versteht, dass Menschen vielleicht abgelenkt sind oder körperliche und geistige Einschränkungen oder Besonderheiten besitzen. Sie respektiert die begrenzte Zeit, die wir auf diesem Planeten haben.

Abschließend respektiert die Technologie, drittens die menschliche Erfahrung (Human Experience): sie ist schön, magisch und reizvoll. Sie funktioniert einfach. Sie ist intuitiv und vielleicht auch unsichtbar. Sie rückt in den Hintergrund unseres Lebens. Sie schenkt uns Freude und stattet uns mit Superkräften aus. Sie bringt uns zum Lächeln und verbessert unser Leben. Diese Prinzipien folgen einer Hierarchie. Das ist sinnvoll, weil z. B. eine Technologie nicht gerecht sein kann, wenn sie zwar die User-Experience respektiert, aber dafür Bürgerrechte mit Füßen tritt. Dagegen kann z. B. eine schlechte Nutzererfahrung einer Open-Source-Software, die Ende-zu-Ende verschlüsselt, sehr wohl als ein gutes ethisches Design bewertet werden. Dieser Zusammenhang gilt auch für Veranstaltungen wie Hackathons.

Gute und schlechte Hackathons

Was macht gute und schlechte Hackathons aus? Wie können wir bessere Hackathons anbieten? Die folgenden Punkte sind als Inspiration zu betrachten. Hier geht es nicht darum, Häkchen zu setzen oder die moralische Goldmedaille zu gewinnen. Je bewusster und gleichzeitig unverbissen wir uns mit den folgenden Punkten auseinandersetzen, desto größer ist die Chance einen Hackathon zu starten, der etwas gerechter ist und gleichzeitig auch auf unsere pragmatischen Ziele einzahlt. Zugegeben, der hier eingesetzte Imperativ ist wenig charmant und führt eher zur Reaktanz als zu Übernahme eines Gedankens. Gleichzeitig erscheint er mir an der Stelle als sinnvoll, um so konkret wie möglich ein Handeln einzuleiten oder sich zumindest einen eigenen Standpunkt bilden zu können.

Schlechte Hackathons

  • sind Räume, in denen strukturelle Ungleichheit und unhinterfragte Privilegien verstärkt werden
  • sind männlich dominierte Räume, voll von Bro-Culture und anderer Machokultur
  • vernachlässigen Essens-, Trinken- und Ruhephasen der Teilnehmenden oder betrachten sie lediglich als lebenserhaltend an
  • sind von Anfang an ausgrenzend, da sie Frauen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Kinderbetreuungspflichten oder Andere etc. nicht mitdenken
  • bevorzugen die Herstellung neuer technologischer Lösungsansätze gegenüber der Aufrechterhaltung oder Weiterentwicklung von bestehenden
  • weisen toxische Machtdynamiken auf, die durch Wettbewerb anstelle von Zusammenarbeit gestärkt werden
  • stellen den Gewinn oder die Produktivität über alles

Bessere Hackathons

  • entfachen Enthusiasmus für alle Arten von durchdachten „Lösungen“ und nicht nur für solche, die technologisch anspruchsvoller sind
  • machen ihre Teilnehmerliste öffentlich. Unterrepräsentierte Teilnehmer*innen werden sich die Teilnehmerliste ansehen wollen und entscheiden, ob vielleicht auch andere Selbstähnliche teilnehmen. Wenn sie diese dort finden, werden sie sich mit noch größerer Wahrscheinlichkeit eintragen
  • ermöglichen den Teilnehmenden, etwas Neues zu lernen, indem sie Lernorte bereitstellen
  • betonen Kreativität, Selbstausdruck und Teamarbeit
  • werden eine ausdrückliche Diskussion darüber geführt haben, was die Menschen während der Veranstaltung zu tun oder zu erreichen hoffen und wie sie einander in diesen Hoffnungen unterstützen können
  • stellen sicher, dass ihre Ressourcen auch nach Ablauf ihrer Veranstaltungswebseite weiterhin zur Verfügung stehen
  • haben eine gute Geschichte für Journalist*innen vorbereitet
  • haben Antworten auf die Fragen: „Warum sind wir hier?“, „Was wollen wir erreichen?“ ,“Was ist angesichts der Zeitbudgets realistisch?“
  • arbeiten mit interdisziplinären und verschiedenartigen Teams zusammen und organisieren sich in kleinen Gruppen <6 Personen
  • stellen freie Ressourcen für die Teilnehmenden bereit

Ein Rezept für gute Hackathons

1. Gerechtigkeit versuchen

  • Erkenne bestimmte Privilegien innerhalb des Organisationsteams an und überlege, inwiefern diese eher nützlich oder eher schädlich sein könnten. Gehe dabei über die bloße Einteilung der Teilnehmenden von Migrationshintergrund, Phänotyp und Geschlecht hinaus.
  • Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen Erfahrungen und Disziplinen. Bereite dein Team darauf vor, Vorurteile und Intersektionalität zu erkennen und bereit zu sein, diese effektiv zu vermitteln
  • Überlege und entscheide, was zu messen ist, wie es zu messen ist und was Erfolg bedeutet
  • Erwäge die Veranstaltung nicht als „Hackathon“ zu bezeichnen. Nicht jeder wird wissen, was mit dem der  „Hacking“  gemeint ist. Der Begriff könnte es für manche Menschen unwahrscheinlicher machen, sich willkommen zu fühlen
  • Schaffe Räume für das Erzählen von Geschichten durch die Menschen, die vom Thema des Ereignisses am meisten betroffen sind. Validieren diese Geschichten als wertvolles Wissen, auf das es zurückzugeben gilt, und nicht als reine Unterhaltung oder Nettigkeit.
  • Denke kontinuierlich darüber nach, wessen Geschichten, Stimmen und Ideen geteilt werden. Was sind die dominierenden Sicht- und Handlungsweisen?
  • Entwerfe eine Code of conduct, bei dem alle Teilnehmenden vorab bestimmten Gemeinschaftsnormen zustimmen
  • Entwerfe gemeinsame Werte, die während der Veranstaltung reflektiert werden können
  • Erstelle einen Verhaltenskodex, besprich ihn verbindlich mit dem Organisationsteam und veröffentliche ihn. Er gibt den Teilnehmenden ein Gefühl der Sicherheit, gibt den Ton an und zeigt auf, wann disziplinarische Maßnahmen ergriffen werden müssen
  • Überlege sorgfältig, ob Preise, Auszeichnungen oder Wettbewerb nützliche Mechanismen für das Erreichen der Ziele des Hackathons sind. Priorisiere eine positive Erfahrung für die Teilnehmenden und vor den Zielen der Veranstaltung.
  • Lass im Zweifelsfall Preise und Jury weg. Damit machst Du nichts falsch.
  • Stelle ein freundliches und mitfühlendes Organisationsteam zusammen. Streben danach, diesen Geist auf alle Beteiligten zu projizieren
  • Stelle emotionale Unterstützung für Personen bereit, die sich von den Veranstaltungsthemen persönlich betroffen fühlen könnten. Du kannst Beteiligte subtil bitten, ihre Persönlichkeit einzubringen
  • Sorge dafür, dass diejenigen, die sich möglicherweise respektlos oder ausgeschlossen fühlen, ihre Bedenken äußern können, ohne sich dabei als minderwertig oder schwach zu fühlen
  • Überlege, ob es sinnvoll ist, Maßnahmen zu verfolgen, die eine Zugehörigkeit und Gemeinschaftsgefühl aufbauen, wie z.B. das Verteilen von T-Shirts oder Buttons mit dem Design der Veranstaltung. Vorsicht: manche Maßnahmen können ungewollt das Gegenteil erzeugen. Teste die Designs und Claims vorab mit verschiedenen Personen auf ungewollten Wirkungen
  • Definiere gemeinsame Werte und nutzen sie als Stellvertreter zur Lösung möglicher Konflikte
  • Stelle Konfliktlösungs- und Sicherheitsteams in der Community auf, die bereit sind, bei Bedarf einzugreifen. Kommuniziere zu Beginn und während der gesamten Veranstaltung eindeutig ihre Rolle auf der Veranstaltung.
  • Stärke die Community, für die der Hackathon gedacht ist
  • Fördere den Aufbau von Beziehungen vor dem Hackathon. Dies wird dazu beitragen, Vertrauen und Verantwortlichkeit aufzubauen
  • Nimm Dir mehr Zeit für die Erforschung als für die Erarbeitung von Lösungen. Suche nach Lösungen, die bereits existieren und beibehalten werden können

2. Chancengleichheit verbessern

  • Entwickle nach bestem Wissen und Gewissen eine Vorstellung, was Menschen an der Teilnahme hindern könnten (z.B. potentielle Terminkonflikte) und entwickle Strategien diese Hürden zu beseitigen
  • Stelle Stipendien und Fördermittel für Menschen bereit, die sie benötigen. Frühes Handeln ermöglicht eine breitere Beteiligung
  • Stelle Transportmitteln und/oder Erstattung von Transportkosten bereit – selbst kleine Beträge können ein Hinderungsgrund darstellen und eine Wertschätzung ausdrücken
  • Erwägen die Durchführung von Workshops, die die Teilnehmendem in das Thema des Hackathons einführt. Das gilt besonders für nützliche technische Fähigkeiten
  • Plane ausreichend Zeit für Interviews vor und nach Beginn der Erstellung des Prototyps ein
  • Bauen rechtzeitig Zeit ein, damit die Teilnehmer individuell arbeiten können. Für einige erfordert die kollektive Arbeit eine persönliche Selbstbeobachtung
  • Mobilisiere alle. Stelle im Voraus Listen von Projektleitern auf, die anderen Teilnehmern bei der Anleitung helfen können
  • Bringe Menschen mit gelebter Erfahrung in das Veranstaltungsthema ein. Kompensiere sie gegebenenfalls
  • Plane Zeit und Raum für die Intensivierung der Zusammenarbeit ein. Lade die Teilnehmer ein, andere an Bord zu holen, damit sie an einem gemeinsamen Interesse arbeiten können
  • Zeit und Raum für die Zusammenarbeit von Experten und Teilnehmern einplanen
  • Verwende eine klare und verständliche Sprache, um Konzepte zu beschreiben. Eine zu fachspezifische Sprache birgt die Gefahr, Menschen auszuschließen
  • Wähle einen Veranstaltungsort, der gut an verschiedene Verkehrsmittel angebunden ist
  • Gib bei der Einrichtung von Räumen während der Veranstaltung der Nutzung von gemeinsam genutzten Ressourcen Vorrang
  • Stelle bei der Veranstaltung Kinderbetreuung zur Verfügung. Begleite sie mit kinderfreundlichen Gestaltungsaktivitäten
  • Stelle Leihgeräte oder Workstations für Personen zur Verfügung, die Hardware nicht selbst mitbringen können oder wollen
  • Organisiere genügend Zeit und Raum, um die Schwelle zu senken, ab der die Teilnehmer überfordert werden. Kontinuierliche kollektive Arbeit kann zu einer sensorischen Überlastung führen
  • Sorge im Vorfeld der Veranstaltung für praktikable Projekte. Arbeite im Zweifelsfall vorab mit Fachexperten zusammen, um deren Probleme oder Möglichkeiten in Projekte umzusetzen
  • Entwerfe Informationsmaterialien zu allen Aspekten der Veranstaltung. Sei visuell und spezifisch
  • Bereite dich auf kleinere Unfälle vor. Richte eine Erste-Hilfe-Station in den Arbeitsräumen ein
  • Biete den ganzen Tag über offenen Zugang zu gesunden und lokal beschafften Lebensmitteln und Snacks. Nutze einen ausgewiesenen Bereich fürs Essen und Trinken
  • Lege Projektideen dar, die den Teilnehmenden den Einstieg besonders leicht machen. Dies ermöglicht die Teilnahme auf allen Ebenen von Fachwissen und Vertrauen
  • Hebe während der Eingangspräsentation die Werte der Gemeinschaft hervor. Machen deutlich, dass niemand allein sein wird
  • Entwerfe ein Präsentationsformat, das kein Schreien oder starke rhetorische Autoritätsansprüche erfordert
  • Leite Neulinge durch den Prozess, damit sie erkennen, welchen Beitrag sie leisten können. Neuankömmlinge sind von dieser Erfahrung oft überfordert
  • Gruppiere die Teilnehmenden nach Bedarf bewusst und überlegt nach Fähigkeiten, Hintergründen und Interessen und durchbreche stereotypische Gruppenbildung nach Möglichkeit mit allem erdenklichen Charme
  • Fördere eine gute Hygiene während der Veranstaltung. Das gilt für alle Räume – nicht nur für Küche und WC
  • Fördere die Zusammenarbeit in verschiedenen Größenordnungen. Richte einen Raum für Kleingruppengespräche abseits von lauten Räumen ein

3. Inklusive Infrastrukturen aufbauen

  • Stelle ein vielfältiges Organisationsteam zusammen
  • Wähle die Multiplikator*innen und Vermittler*innen sorgfältig aus. Sie sollten so vielfältig sein wie die Teilnehmenden
  • Suche einen Veranstaltungsort aus, der flexibel genug ist, um Aktivitäten der Teilnehmenden wie Beten oder Kinderbetreuung zu ermöglichen
  • Fördere verschiedene Aktivitäten/Panel/Workshops, die über das Entwerfen/Hacken selbst hinausgehen und von der betroffenen Gemeinschaft geschaffen und kuratiert werden
  • Platziere bevorzugt unterrepräsentierte Personen als Gastgeber*innen im Programm
  • Stelle es den Beteiligten frei zu entscheiden, welche Art von Problemen sie direkt angehen möchten, indem du eine Umfrage zum Ideenaustausch aufsetzt
  • Erwäge die Öffnung einer Vorregistrierung nur für unterrepräsentierte Teilnehmende (vor der Vorregistrierung für alle)
  • Spreche mit der Community während des gesamten Gestaltungsprozesses der Veranstaltung (potenzielle Teilnehmer, Gemeindeleiter, Hauptzielgruppe). Versuche die Teilnehmenden wirklich zu verstehen
  • Rekrutiere Menschen, die vom Veranstaltungsthema am meisten betroffen sind und setze auf vertrauenswürdige Community-Sprecher*innen
  • Finde frühzeitig Partner vor Ort und stellen Online-Ressourcen zur Verfügung, damit die Teilnehmenden vor der Veranstaltung mit ihnen sprechen oder sich mit ihnen treffen können
  • Erwäge die Schaffung eines „Allyship“-Programms und ermutigen alle Teilnehmenden sich anzuschließen, sodass sich jeder als Teil der Organisation fühlen kann und mithelfen kann, Probleme bzw. Spannungen während der Veranstaltung zu erkennen
  • Achte auf die Vielfalt der Redner*innen und der Jury, die für die Präsentation bei der Veranstaltung ausgewählt wurden
  • Versuche einzuschätzen ob ein*e Redner*in oder die Jury bei den Teilnehmenden Misstrauen hervorruft und warum
  • Mache es einfach, Fragen zu stellen
  • Führe während der Veranstaltung einen Check der Rollen und den dadurch entstandenen Machtpositionen durch, um eventuell entstandene unerwünschte Hierarchien zu durchbrechen
  • Schaffe eine Vielzahl von Preisen, die eine Reihe wichtiger Projektqualitäten würdigen. (z. B. „hervorragende Dokumentation“, „phänomenaler kollaborativer Prozess“, „inspirierende nicht marktbasierte Lösung“, „ausgezeichnetes Engagement mit bestehendem Open-Source-Projekt“)
  • Fördere die Maxime: „Lernen vor Wettbewerb.“
  • Lasse Menschen bei Herausforderungen auf individueller Ebene mit jemandem zusammenarbeiten, der z. B. von Marginalisierung betroffen ist
  • Höre den Teilnehmenden zu und versuche, während der Veranstaltung mit ihnen zu sprechen
  • Sei immer offen für Projektideen von Teilnehmenden
  • Bilde Moderatoren gezielt aus und entwickeln Moderationsrichtlinien
  • Mache Vielfalt und Einbeziehung in ihren Marketingmaterialien sichtbar. Achte besonders darauf, wenn Fotos verwendet werden
  • Stelle den Zugang zu Bädern für alle Geschlechter sicher. Alle Räume für alle Personen einladend zu gestalten
  • Stelle Dolmetscherdienste zur Verfügung, damit nicht alle Teams fließend dieselbe Sprache sprechen müssen
  • Ermutige die Teilnehmenden, bei der Anmeldung Community-Regeln bzw. den Code of Conduct zu akzeptieren und z.B. die Zustimmung zur Dokumentation zu geben
  • Sorge dafür, dass es allen gut und gesund geht. Berücksichtige religiöse Diäten und Allergien
  • Erwäge andere Wege, um Projekterfahrungen auszutauschen, als nur „Pitches“ abzugeben
  • Begrüße prinzipiell alle Ergebnisse. Mache deutlich, dass alle Arten von Lösungen gut aufgenommen werden können.
  • Achte auf die verwendete Sprache. Sorge für maximale Inklusion indem du alle ansprichst, auch wenn es umständlich erscheint
  • Denke daran, dass Menschen unterschiedlich groß, breit und mobil sind. Das Design z. B. des Podiums bei einer Präsentation sollten flexibel auf unterschiedliche Körper angepasst werden können, damit alle in einem positiven Licht stehen können
  • Achte darauf, nicht unbewusst zur Sprecher*in für Menschen zu werden, die du nicht repräsentierst. Vor allem, wenn Du tendenziell zur privilegierten Gruppe angehörst. Versuche stattdessen Beteiligte sprechen zu lassen
  • Befrage die Teilnehmenden vorab zu ihren Zugangsbedürfnissen und plane, diese zu berücksichtigen. Z. B. bei Sprache, Mobilität, Allergien oder Kinderbetreuung
  • Plane ihren Raum, um ihn zugänglich zu machen. Bereite Räume vor, die dazu beitragen, übermäßiges Gedränge zu vermeiden, indem z. B. Tische richtig voneinander trennen
  • Gestalte den Raum unter Berücksichtigung der zu erwartenden Bewegungsströme
  • Stelle sicher, dass der Raum zugänglich ist: Badezimmer für alle Geschlechter, Rollstuhlzugang, geruchs- und allergenfreie Räume etc.
  • Überlasse es Menschen mit besonderen marginalisierten Hintergründen oder Erscheinungen, ob sie diese thematisieren wollen oder nicht
  • Gib lieber Hinweise statt Ratschläge, wie etwas durchzuführen ist
  • Erlaube das Beobachten aus sichere Entfernung und respektiere den Willen von Personen, nicht im Rampenlicht zu stehen zu wollen

4. Freude verbreiten

  • Erfreue dich an den Ideen Anderer und teile diese Begeisterung auch
  • Beachte die körperlichen Bedürfnisse – wie Sonnenlicht, Essen, Trinken, WC-Gang, Schlaf, Pausen
  • Versuche, den Hackathon auf das Lernen, Spielen und Brainstorming statt nur auf das Prototyping zu fokussieren
  • Lasse in der Veranstaltungsstruktur Platz für Teams, die Pläne oder Ideen anstelle von technischen Prototypen entwickeln möchten
  • Helfe den Teilnehmenden, ihre Veranstaltung als eine Gelegenheit zum Lernen und Spielen zu sehen
  • Normalisiere die selbstständige Arbeit. Ein Projekt von einer Person ist auch völlig in Ordnung
  • Das Tempo der Veranstaltung sollte bewusst gewählt werden. Ermutige zu Pausen
  • Schaffe einen Ruheraum für Menschen, die eine Pause brauchen. Es ist wichtig, unterschiedliche Geschwindigkeiten anzuerkennen und zu fördern
  • Stelle sicher, dass es einen Tisch mit genügend interessanten Dingen wie „Kunstobjekten und Kuriositäten“ oder Literatur und Infomaterial gibt, um das Erkunden und die Pausenzeit zu erleichtern. Ermutigen dazu, verschiedene Ausdrucksmittel zu verwenden
  • Halte Verbindungen am Leben. Senden nach einigen Wochen/Monaten eine E-Mail/Post, um sich bei den Teilnehmenden und ihren Projekten zu melden
  • Feiere Errungenschaften, unabhängig von ihrer Größe. Ein leckerer Kuchen nach den Pitches ist immer eine gute Idee.
  • Erwäge, den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, ein Stück des Interieurs mitzunehmen, z.B. Rollups, Plakate etc.

5. Nachhaltigkeit verbessern

  • Sensibilisiere für nachhaltige Themen im Organisationsteam und darüber hinaus
  • Ziehe in Betracht, Nachhaltigkeitsverpflichtungen für die Veranstaltung zu erstellen und mit allen zu teilen
  • Trage aktiv zur Müllvermeidung am Veranstaltungsort bei. Informieren die Teilnehmenden darüber, wie sie dasselbe tun können
  • Vermeide die unnötige Verwendung von Skizzen- und Arbeitsmaterialien wie Papier, Pappe, Taschentuch usw. Ermutige zur suffizienten Verwendung aller Materialien
  • Verzichte auf die Verwendung von Verbundmaterialien wie Plastikpapier, Aluminiumdosen und Plastikflaschen
  • Schaffe Anreize zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Bus, U-Bahn, Fahrräder oder für andere Strategien wie Carsharing und Mitfahrangebote)
  • Entwerfe einen nachhaltigen Reiseführer mit einer Karte der Aktivitäten, die in der Stadt sehens- und erlebenswert sind
  • Stelle Ortsschilder für Abfalleimer auf. Machen deutlich, wie Materialien zu entsorgen sind
  • Biete eine vegetarische/vegane Mahlzeit und Snacks an
  • Achte darauf, wann immer es möglich ist, saisonale, lokale und frische Lebensmittel den Verkäufern vor Ort anzubieten. Fördere die lokale Wirtschaft
  • Erwäge, Produkte aus fairem Handel anzubieten
  • Vermeide die Verwendung von exotischen, nicht saisonalen, nicht einheimischen Blumen als Dekoration

Checkliste nachhaltiger Hackathons

Wie wird man der Anforderung eines nachhaltigen Hackathons gerecht? Gar nicht so einfach – hier ein Anfang:

Veranstaltungsort

  • Verlassen wir den Veranstaltungsort sauber und aufgeräumt?
  • Tragen wir zur Müllentsorgung des Veranstaltungsortes bei?
  • Sind die offiziellen Unterkunftsmöglichkeiten so nah wie möglich am Veranstaltungsort?
  • Ist der Veranstaltungsort durch öffentliche Verkehrsmittel gut angebunden und möglichst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen?

Transport

  • Geben wir Anreize zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Bus, U-Bahn, Fahrrad)?
  • Stellen wir nützliche Informationen über Transportmöglichkeiten, Wegbeschreibung, Adressen und Kosten zur Verfügung?

Finanzen

  • Recyceln wir den Abfall der Veranstaltung, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen?
  • Fördern wir die Nutzung von weniger co2-emittierenden Transportmitteln (Zug, U-Bahn, Schiff) anstelle von Flügen oder Autofahrten?
  • Führen wir Statistiken darüber, wie die Teilnehmer zu den Veranstaltungen kommen, über das Abfallaufkommen, die Herkunft der Lebensmittel, die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs usw.?

Menschen

  • Fördern wir die Traditionen der Stadt (oder des Landes), in der die Veranstaltung stattfindet (Essen, Musik, Kleidung, Rituale)?
  • Bevorzugen wir Produkte lokaler Einzelhändler statt großer Konzerne?

Essen

  • Bieten wir Lebensmittel mit niedrigem CO₂-Fußabdruck an?
  • Bieten wir ein vegetarisches oder veganes Menü an?
  • Bieten wir pestizid- und chemiefreie Lebensmittel an?
  • Haben wir gentechnisch veränderte und stark verarbeitete Lebensmittel vermieden?
  • Haben wir saisonale, lokale und frische Lebensmittel angeboten?
  • Haben wir, wenn möglich, fair gehandelte Produkte berücksichtigt?
  • Vermeiden wir die Verwendung von exotischen, nicht-saisonalen oder nicht lokalen Blumen als Dekoration?

Wertstoffe

  • Sind alle verwendeten Materialien recycelbar?
  • Stammen sie aus wiederverwendeten Materialien?
  • Sind sie nach der Entsorgung umweltschädlich?
  • Werden Kunststoffe (Verpackungen, Behälter, etc.) bei allen Prozessen vermieden?
  • Werden Verbundwerkstoffe (Porzellan, Kunststoffpapier, etc.) vermieden?
  • Ist die Veranstaltung frei von Aluminiumdosen und Plastikflaschen?
  • Wurden Aktivitäten so gestaltet, dass der unnötige Einsatz von Materialien (Papier, Pappe, Taschentücher etc.) vermieden wird?

Energie

  • Werden Klimaanlagen oder Heizungen so weit möglich vermieden?
  • Sind die Veranstaltungsorte mit sparsamen Glühbirnen und Zeitschalttechnik ausgestattet?
  • Fördern wir den effektiven Einsatz von Laptops?
  • Achten wir auf den Energieverbrauch zum Erhitzen von Kaffee, Tee und Wasser?

 

Damian Paderta
Damian Paderta
Webgeograph & Digitalberater